Alle sind hier erwünscht

Alle sind hier erwünscht so lautet der Text an der Wand von Renata Jaworska in der Ausstellung in Lände Kressbronn.
Nach einer fulminanten Eröffnung mit Podiumsdiskussion und Künstlergesprächen sehen Sie einige Eindrücke der aktuellen Ausstellung:
„…. Offenheit durch Widersprüchlichkeit erzeugt Renata Jaworska (Salem-Düsseldorf) mit einer Wandzeichnung. „Alle sindhier erwünscht“, steht im Treppenaufgang an die Wand geschrieben– aber im eisigem Silber säbelrasselnder Stahlgewitterund in jener Schriftype, mit der im Dritten Reich Schilder mitder Aufschrift „Juden sind hier unerwünscht“ gepinselt wurden.Spottet also die martialische Schrift der freundlichen Botschaft,oder „entschuldet“ umgekehrt die Botschaft die diskreditierteSchrifttype? Wellenlinien und eine Muschel deuten darauf hin,dass die ehrlich oder zynisch willkommen Geheißenen nichtJuden sind, sondern übers Meer gekommene Flüchtlinge. DieMenschenmassen bleiben hier unsichtbar – auf einer riesigenZeichnung Jaworskas im Format eines gerollten Banners sindsie hingegen sichtbar: Unzählige anonyme Menschen, die hintereiner Vergitterung aus grau-schwarzer Sprühfarbe stehen.Bei Farbe aus der Spraydose denkt man an verbotene Parolenund an Protest, angesichts des Banner-Formats des Blattes aneine Demonstration. Wofür oder wogegen richtet sie sich –undsind diese Menschen nun Demonstranten? Nur eines stellt dieKünstlerin klar: Sie entfernen sich vom Betrachter. Ihr Exodusführt über die Hügel ins Irgendwo. Zeigen weitere ZeichnungenJaworskas eine zerfallene Weltordnung? Wie zerschnittene undneu verklebte Längen- und Breitengrade wirken die netzartigenLinien mit ihren graphitgrauen Abschnitten, die zerteilte Landmassensein könnten. Oder bildet man sich das alles nur ein?Weitere Zeichnungen sind nur noch ein Hagel von Gestrichel. Die Landschaft oder die Figur, zu der sie sich ordnen mögen,befinden sich wie bei einem Rorschachtest nur im Auge des Be trachters.Eine Antwort, die außerhalb seiner eigenen Ahnungläge, bekommt er nicht. So gehen Renata Jaworskas Zeichnungenin die Zone des Resonanzlosen. Eine Zone, die dem Statement,als das man ihre Wandschrift leicht fehlinterpretierenkönnte, entgegengesetzt ist….“ (Die kleine See Post. Nr 46, 12. November 2015)
